Miso us om Ländle
Suppen, Saucen würzen, mit gesundem Ferment
Was lange gärt, wird endlich gut
Sanjay Bösch produziert Sauergemüse, Kombucha und Miso.
Text: Angelika Grabher-Hollenstein
Lebensmittel zu verschwenden widerstrebt Sanjay Bösch. „Wir suchten in meiner Zeit als Mitarbeiter am Vetterhof nach einer Möglichkeit, das Gemüse, das für den Verkauf nicht geeignet war, zu verwerten. Und das Fermentieren hat sich da angeboten“, erklärt er. Jeder kennt Sauerkraut – früher hatte jede Familie ein Fass oder einen Topf mit eingelegtem, gehobelten Kraut oder „Räba“ im Keller vorrätig. Die vitaminund mineralstoffreiche Ernte halt- und genießbar zu halten, war vor allem für die Wintermonate eine Notwendigkeit. So begleitete die Fermentation die Menschheit seit jeher.
Uraltes Wissen
Doch das alte Wissen um die Produktion von Sauergemüse ist in heutigen Zeiten mit modernen Kühlmöglichkeiten bei größtmöglicher Sterilität in der Lebensmittelverarbeitung zusehends verloren gegangen. „Dabei ist Fermentation das Einfachste der Welt: Es funktioniert ohne Kühlung und ohne jede Technik, denn Bakterien sind ja einfach überall. Jeder Mensch ist ein Ökosystem. Alles beeinflusst sich gegenseitig“, sagt Sanjay Bösch, der darum sein Unternehmen auch „Bacteriosapiens“ genannt hat. Der Unternehmer, dem ganzheitliches, achtsames Handeln generell ein wichtiges Anliegen ist, teilt sein Wissen um die Herstellung von Sauergemüse auch in Workshops mit Interessierten.
Und so geht’s!
Das zerkleinerte, gesalzene Gemüse, im eigenen Saft oder unter Salzwasser stehend, wird möglichst dicht in ein Gefäß geschlichtet und beschwert. Der luftleere Raum und in den ersten Tagen zimmerwarme Temperatur schaffen ideale Bedingungen für die Vermehrung von Milchsäurebakterien, was wiederum Verderbnis verursachenden Mikroorganismen keine Chance lässt. „Die Bakterien fressen die Kohlehydrate im Gemüse und scheiden Milchsäure aus, die das Gemüse dann konserviert. So entsteht ein probiotisches Lebensmittel. Es enthält wertvolle B-Vitamine und gut aufgeschlüsselte Mineralstoffe“, beschreibt Sanjay Bösch den Prozess und die gesundheitlichen Vorteile, „Die Wissenschaft ist erst dabei zu erkennen, welche große Bedeutung Bakterien für uns haben, etwa für das Immunsystem.
Das Mikrobiom ist ja heute in aller Munde.“
„Koreanisches Sauerkraut“
Mit der Entdeckung der asiatischen Küche, die noch eine weit größere Palette an Sauergemüsen kennt, erlebt Fermentiertes auch hierzulande eine Renaissance. In Korea heißt es „Kimchi“ und gilt als Herz und Seele der koreanischen Küche. Für Kimchi wird traditionell vor allem Chinakohl verwendet. „Kimchi in seinen hundertfachen Variationen gehört in Korea zu jedem Essen dazu. In seiner simpelsten Form wird dieses Sauergemüse mit Salz, Ingwer, Chili und Paprikapulver eingelegt. Ich verwende für mein Kimchi Chinakohl, Rettich und viel Paprikapulver, es ist also nur angenehm pikant. Die Koreaner mögen es lieber mit ein bisschen mehr Chili-Pep“, sagt Sanjay Bösch. In Korea treffen sich Familien, ja ganze Nachbarschaften, zu Gemüseeinlege-Festen, „Kimjang“ genannt.
Kombucha – Gesunde Tee-Limonade
Ein weiteres fermentiertes Produkt aus dem Hause „Bacteriosapiens“ ist „Kombucha“. Dabei wird gezuckerter Tee, vor allem Grünoder Schwarztee, aber auch Kräutertee, in sieben bis zehn Tagen durch eine Bakterien-Hefen-Symbiose, die Kombucha-Kultur, zu einer erfrischenden, leicht prickelnden Limonade vergoren. „Die Kombucha-Kultur ähnelt einer Essigmutter und verwandelt den Zucker im Tee in organische Säuren und Enzyme, die wichtige Funktionen im Körper übernehmen. Zu den Inhaltsstoffen gehört unter anderem das wertvolle B12-Vitamin“, so Sanjay Bösch. Das süß-säuerliche Getränk wird seit Jahrtausenden in China, Japan, aber auch in Russland und Korea getrunken. „Hausgemachter Kombucha ist dabei nicht mit dem zu vergleichen, was die Industrie als Kombucha verkauft. Die Sterilisation zur Haltbarmachung tötet alle wertvollen Mikroorganismen ab“, erklärt der Lustenauer. Er versetzt seinen lebendigen Kombucha gerne mit natürlichen Zutaten, um neue Aromen zu kreieren, etwa Kräutern, Zitrusschalen oder im Sommer Himbeeren.
Miso – Japanische Würzpaste
Miso war lange nur Kennern der japanischen Küche bekannt. Diese lang reifende Würzpaste wird in einem aufwändigen Prozess aus fermentierten Sojabohnen und Getreide hergestellt, der gleichen Grundmasse wie für Sojasauce. Mikrobiologischer Helfer ist im Fall von Miso „Koji“, eine Edelschimmelkultur. „Der Pilz wird auf Getreide gezüchtet und erzeugt Enzyme, die die Proteine der Sojabohne in Aminosäuren aufspalten, etwa Glutaminsäure, die als natürlicher Geschmacksverstärker wahrgenommen wird. Das steckt übrigens auch in Parmesan. In Japan nennt man den Geschmack „umami“, so Sanjay Bösch, der drei Monate lang in Japan verbrachte, um die traditionelle Sojasauce- und Miso-Produktion am Land zu studieren. „Die Verwertbarkeit des Soja-Eiweiß für unseren Körper wird durch die Fermentation von 60 auf 80 Prozent gesteigert“, erklärt er. Sein Miso, das aus österreichischem Soja und Getreide gemacht wird, wird in alten Sauerkrautfässern gelagert, was zusätzlichen Geschmack verleiht. Anders als das Turbo-Miso der herkömmlichen Industrie hat Sanjay Böschs Sojapaste Zeit, zu reifen. „Das ist vergleichbar mit einem guten Wein oder Käse. Ich gebe mein Miso eigentlich nicht unter neun Monaten Reifezeit in den Verkauf“, sagt er.
Langsames Vermehren
Dank der großen Nachfrage nach seinen Erzeugnissen hat der Lustenauer mit seiner 2017 gegründeten Firma „Bacteriosapiens“ bereits gut Fuß gefasst. Sein Kimchi, Kombucha und seine Misopaste sind bei ihm direkt und im BOTTA erhältlich. „Wir wachsen stetig, aber mit Bedacht“. Gut Ding braucht eben Weile.
Misosuppe mit Kimchi und Tofu
Pro Person:
1 – 2 EL Miso
1 – 2 EL Kimchi
100 g Tofu, natur oder geräuchert
100 g Nudeln (Ramen oder Glasnudeln, alternativ Bandnudeln)
100 g Gemüse (z.B. Karotten, Lauch, Pastinake, Kohlsorten, Kürbis, Shiitake oder andere Pilze etc.)
ca. 500 ml Wasser
Etwas Sesamöl
Gemüse und Tofu mundgerecht kleinschneiden. Die Nudeln kochen und mit kaltem Wasser abspülen. In einem großen Topf das Sesamöl erhitzen und das Gemüse anbraten. Mit Wasser aufgießen und aufkochen lassen. Hitze reduzieren und dann Tofu und Nudeln beigeben. Nur mehr vorsichtig rühren, damit der Tofu nicht zerfällt.
Kurz vor dem Servieren das Kimchi beigeben und die Misopaste einrühren.
Itadakimas! (Japanisch: „An Guotö!“)
Bacteriosapiens Sanjay Bösch | bacteriosapiens@protonmail.com | www.bacteriosapiens.com